Das Ruhrgebiet ist im stetigen Wandel: Mit dem Rückgang der Kohle- und Stahlindustrie musste sich die Region neu erfinden. Mittlerweile gibt es viele große und kleine Entwicklungen, die dem Ruhrgebiet ein neues Gesicht und eine neue Zukunft geben. In der Metropolregion entstehen neue Wirtschaftsstandorte für Unternehmen und Start-ups, Wissenschafts- und Technologie-Zentren oder komplett neue Stadtteile und Wohnviertel. Doch passt das überhaupt alles zum Ruhrgebiet? Und wer plant da für wen? Hier stellen wir euch ein paar dieser aktuell größten Bauprojekte und – Vorhaben vor, von denen ihr in nächster Zeit noch viel hören bzw. lesen werdet.

Mercartorviertel Duisburg

Unter dem Namen des bekanntesten Bürgers der Stadt entsteht mitten in der Duisburger Innenstadt das Mercatorviertel. In der Nähe des Rathauses und auf den Fundamenten der mittelalterlichen Stadt wird ein komplett neues Stadtviertel gebaut.

Das Besondere an dem Projekt: Es verbindet die Geschichte und den historischen Stadtkern mit moderner Architektur. Das Viertel mit einer Flächengröße von 28.545 m² soll Platz für 300 Wohneinheiten, Gastronomieangebote, Büroflächen und Einkaufsmöglichkeiten bieten. Private und öffentlich zugängliche Innenhöfe schaffen Rückzugs- und Erholungsmöglichkeiten für Bürger*innen und Bewohner*innen. Autoverkehr wird im Mercatorviertel nicht miteingeplant - die öffentlichen Wege im Inneren des Quartiers sind Radfahrern und Fußgängern vorbehalten. Parkmöglichkeiten gibt es in Tiefgaragen.


Den Historischen Bezug zum Quartier in der Innenstadt schafft die geplante Rekonstruktion des alten Mercatorhaus - getreu dem ehemaligen Wohnhaus des Geographen und Kartografen - sowie des Ott-Vogel Haus. Letzteres ist nach einem ehemaligen Bürgermeister von Duisburg benannt.


Zuletzt liefen die Bauarbeiten schleppend: Gründe waren unter anderem die gestiegenen Preise durch den Krieg in der Ukraine und Inflation. Aber auch der aktuelle Rohstoffmangel spielt eine Rolle, warum es auf der Baustelle nur langsam weiter geht. Kompliziert gestaltet sich Arbeiten darüber hinaus durch archäologische Funde, die immer wieder bei Ausgrabungen entdeckt werden. Eine enge Zusammenarbeit von Mitarbeiter*innen der Unteren Denkmalbehörde und den Baufirmen ist daher unerlässlich. Die gefundenen Fundamente und Keller von alten Häusern stammen teilweise aus dem 11. Jahrhundert. Gut laufen dagegen die Bauarbeiten für das Hotel „Premier Inn“, die bereits begonnen haben. Die Hotel-Kette aus Großbritannien plant ihren neuen Standort im Mercatorviertel mit 219 Zimmern im Frühjahr 2025 eröffnen zu können.

6-Seen-Wedau in Duisburg

Hier entsteht ein neuer Stadtteil: Mitten im Grünen und direkt am Wasser wird das Projekt 6-Seen-Wedau in Duisburg realisiert. Es ist eines größten Stadtentwicklungsprojekte in Nordrhein-Westfalen (NRW). Das etwa 90 Hektar große Gelände war früher ein Rangierbahnhof und Bahn-Ausbesserungswerk. In den nächsten Jahren soll hier ein neuer und moderner Wohn- und Wirtschaftsstandort entstehen.

Foto: Hans Blossey / FUNKE Foto Services

Geplant sind bis zu 3000 Wohneinheiten wie Stadthäuser, Einfamilienhäuser, Doppel- und Reihenhäuser, Etagenwohnungen – in direkter Nähe zum Masurensee. Um die Versorgung des neuen Stadtteils sicherzustellen ist ein Zentrum aus Supermärkten, Discountern oder Drogeriemärkten angedacht. Auf dem nördlichen Teil des Geländes soll in Zusammenarbeit mit der Universität Duisburg-Essen ein Campusquartier für Forschung, Technologie und Existenzgründung entstehen. Dabei werden denkmalgeschütze Anlagen wie eine Werkshalle oder ein Wasserturm in das neue Viertel mitintegriert.

Einer der größten Herausforderungen ist der Bau eines bis zu 15 Meter hohen und 2,6 Kilometer langen Lärmschutzwalls, der bereits Rekorde gebrochen haben soll. Nach Angaben der verantwortlichen Bau-Firma ist es die größte und grünste Lärmschutzwand der Welt. Grün deshalb, weil der Wall entlang der entlang der Bahnstrecke zwischen Wedau und Ratingen, von rund 13.000 Kletterpflanzen begrünt wird. Der Bau der Lärmschutzwand ist deshalb so wichtig, weil der angrenzende Bahnverkehr erhöht werden soll: Ziel ist es die „Ratinger Weststrecke“ zwischen Duisburg, Düsseldorf und Ratingen wieder zu reaktivieren.

Die Verkehrsanbindung und -Planung sowie der Umbau des Ufers am Masurensee sind die größten Kritikpunkte des Bauprojekts. Vor allem Umwelt- und Naturschützer sind gegen den Bau einer „Flanier-Promenade“ und kritisieren die ufernahe Bebauung. Einige Anwohner*innen befürchten, dass das Naherholungsgebiet nicht mehr für alle Bürger*innen zugänglich bleibt – vor allem für Menschen ohne viel Geld.

Bild: Hans Blossey / FUNKE Foto Services

Ende 2023 soll voraussichtlich der Startschuss für den Bau der ersten 298 Häuser und Wohnungen in 6-Seen-Wedau fallen.

Forschungs- und Innovationscampus Thurmfeld Essen

Essen investiert in Wissenschaft und Zukunftstechnologien: Zwischen der Bottroper und Gladbecker Straße in der Essener Innenstadt entsteht in Zusammenarbeit mit der Uni Duisburg-Essen (UDE) auf ehemaligem Brachland ein Forschungs- und Innovationscampus. Neben Forschungs- und Lehrzentren der Uni ist auch die Ansiedlung von Technologieunternehmen und Start-ups geplant. Schwerpunkte des Campus werden Wasserforschung sowie Katalyse-, Protein- und Biofilmforschung sein. Ende 2023 sollen dort die ersten Bauarbeiten von mehreren modernen Gebäuden unter dem Arbeitstitel „Plaza“ starten, dabei soll als erstes der Campus für die Wasserforschung („Future Water Campus“) realisiert werden. Ziel ist es, einen Campus „von internationaler Strahlkraft“ zu errichten, der nicht nur Wissenschaftler*innen einen attraktiven Begegnungsort bietet.

Zu den größten Herausforderungen des Projekts zählte die Bodensanierung der Fläche, die sich als sehr aufwändig und sehr kostspielig herausstellte. Das Areal wurde seit Jahrzehnten nicht genutzt, da der Boden mit Blei, Teer, Arsen und anderen Giften belastet war. Bis zum ersten Weltkrieg standen dort nämlich eine Maschinenfabrik (Maschinenbau Union) und daneben bis 1979 Essens größtes Gaswerk.

Allein die Aufbereitung des 2,5 Hektar großen Teilstücks, auf dem der Forschungs- und Innovationscampus entstehen soll, kostete 1,5 Millionen Euro. Eine von der Stadt geplante Wohnbebauung oder auch andere Ideen der Flächennutzung mussten aufgrund der aufwändigen Sanierungsarbeiten aufgegeben werden. Umweltauflagen für Gewerbenutzung und Labore sind nicht so hoch wie für Wohnbebauung. Insgesamt wurden während der Arbeiten rund 30.000 Kubikmeter Boden bewegt.

Ostpark – Wohnen im grünen Bochum

Die Nachfrage nach hochwertigem und bezahlbarem Wohnraum steigt nicht nur in Bochum immer weiter an. Die Stadt plant deshalb so viele Wohnungen und Co. zu bauen, wie noch nie: Im 1. Halbjahr 2022 hat Bochum einen Höchststand an Baugenehmigungen erteilt. Geplant sind 750 Wohneinheiten (Stand August 2022), davon 550 Neubauten und 200 Wohnungen, die umgebaut oder modernisiert werden. Das aktuell größte Bauprojekt ist Entwicklung des Ostparks. Auf 43 Hektar sollen in den Stadtteilen Altenbochum und Laer bis 2025 rund 1.300 Wohneinheiten entstehen, darunter Eigenheime beziehungsweise Eigentumswohnungen, Mietwohnungen und Wohnungen im geförderten Wohnungsbau. Der Ostpark soll dabei aus zwei unabhängigen Quartieren bestehen und das städtische Leben mit der Natur verbinden. Der Großteil des Areals wird als Naherholungsgebiet genutzt und besteht aus Grün-, Frei- und Wasserflächen.

Die neu entstehenden Quartiere Feldmark und Havkenscheider Höhe erhalten eigene spezifische Merkmale: Das im Westen liegende Quartier Feldmark wird auf den Flächen einer ehemaligen Stadtgärtnerei gebaut, während das Quartier Havkenscheider Höhe sich nördlich des Werner Hellwegs auf einer Hanglage erstreckt. Verbunden werden die neuen Stadtteile durch den Havkenscheider Park mit viel Natur und Grünflächen. Das Besondere daran: Im Park geplant ist ein eigener Landschaftssee und ein zentraler Wasserlauf.

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