Sagen und Mythen sind seit Jahrhunderten ein wichtiger Bestandteil der Volkskultur. Sie erzählen Geschichten von Helden, Monstern, Göttern und anderen fantastischen Wesen und Ereignissen. Der Ursprung dieser Erzählungen liegt oft in der mündlichen Überlieferung – so werden viele der Geschichten nicht nur immer weiterentwickelt, sondern auch von Generation zu Generation weitergegeben.
Der Sinn im Volksmund ist vielfältig. Mythen und Sagen dienten nicht nur der Unterhaltung, sondern auch der Vermittlung von Werten, Moralvorstellungen und Lebensweisheiten. Sie halfen den Menschen, die Welt um sie herum zu verstehen und gaben ihnen Hoffnung und Trost in schwierigen Zeiten. Auch heute noch faszinieren uns diese Geschichten und bieten uns einen Einblick in die Kultur und Geschichte vergangener Zeiten. Besonders im Ruhrgebiet mit seinen vielen unterschiedlichen Menschen, Gegebenheiten und geografischen Eigenheiten ranken sich viele Geschichten rund um den Bergbau, das alte Land und die Menschen.
Aber es gibt auch Unterschiede zwischen Sagen und Mythen: Eine Sage ist eine volkstümliche Erzählung, die oft auf historischen Ereignissen oder Personen beruht. Sie sind in der Regel regional verankert und erzählen von Helden, Schurken, Geistern und anderen übernatürlichen Wesen. Sagen dienen oft dazu, historische Ereignisse zu erklären oder moralische Werte zu vermitteln.
Ein Mythos hingegen ist eine traditionelle Erzählung, die oft von Göttern, Helden und anderen übernatürlichen Wesen handelt. Mythen erklären die Ursprünge der Welt, natürliche Phänomene oder soziale Bräuche. Sie sind zumeist Teil einer religiösen oder kulturellen Tradition und dienen dazu, die Weltanschauung einer Gemeinschaft zu erklären und zu festigen.
Wenn wir über das Ruhrgebiet sprechen, geht es also oft um Sagen. Der „wahre Kern“ dieser Geschichten liegt oft im geografischen Kontext, die sich darum rankenden Inhalte gelten oft als Volksmund.
Doch warum sind Sagen wichtig für das Ruhrgebiet? Die Beschäftigung mit Sagen fördert die Identifikation mit dem Heimatraum. Und: Sagen wurden in die 2003 formulierte UNESCO-Konvention zum Schutz des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Durch ihre Verbindung zu realen Orten können Sagen diese aufwerten. Heutzutage sind Sagen fester Bestandteil im Tourismus vieler Städte – auch im Ruhrgebiet. In Hattingen wird beispielsweise der „Drei-Burgen-Pfad“ (Isenburg, Burg Blankenstein, Haus Kemnade) aktiv für das Stadtmarketing genutzt.
Ganze Bücher wurden mittlerweile über den Volksmund im Ruhrgebiet geschrieben, viele Internetseiten greifen die beliebten Geschichten auf und bringen sie neuen Generationen näher. Einige Sagen aus dem Ruhrgebiet in der Übersicht:
Der Riese Tippulus
Die höchste Erhebung in Bochum wird dem heimkehrenden Riesen Tippulus zugeschrieben, dem die Füße so weh taten, dass er nach einer langen Reise seine Schuhe auszog und sie ausklopfte. Die herabfallenden Lehmklumpen bildeten den Tippelsberg.
Das Grubengespenst von Kupferdreh
Im „Himmelsfürster Erbstollen" bei Kupferdreh treibt ein ruheloser Geist, das „Stollengespenst", sein Unwesen. Dieses Gespenst, das zu Lebzeiten den Bergleuten Böses angetan hat, irrt nun, gepeinigt von Ketten, die an seinen Händen und Füßen rasseln, endlos durch die Stollen. Seine Bewegungen verursachen ein Stöhnen, das die Steine erzittern und den Bergleuten das Blut in den Adern gefrieren lässt. In seiner Gegenwart verstummen alle Geräusche bis auf den beschleunigten Arbeitsrhythmus der Bergleute. Der Geist ist so furchterregend, dass niemand seine Erscheinung beschreiben kann, es sei denn, er wird direkt herbeigerufen. Ein übermütiger Bergmann, der das Gespenst herausforderte, wurde von seinem Anblick in den Wahnsinn getrieben und starb kurz darauf. Seitdem hat es kein Bergmann mehr gewagt, das Stollengespenst zu rufen.
Die schwarze Kuhle von Waltrop
In einem sumpfigen Waldstück in Waltrop liegt die schwarze Kuhle. An der Stelle des Tümpels soll ein prächtiges Schloss gestanden haben, das von einem bösen Schlossherrn bewohnt wurde. Dieser war so böse, dass er selbst am Laurentiustag, dem Namenstag des Schutzpatrons der Köche, seine Bediensteten aufs Feld scheuchte. Diese dankten es ihm, indem sie sein Anwesen verfluchten. Während sie die Ernte einfuhren, brach ein furchtbares Unwetter los, und als sie zum Hof zurückkehrten, war das Schloss wie vom Erdboden verschluckt. An seiner Stelle befindet sich der heutige Teich, in dem man noch heute nachts einem schwarzen Ungeheuer mit glühenden Augen begegnen kann.
Moderne, urbane Legende: Der ewige Student der RUB
An der Ruhr-Universität Bochum, insbesondere in den Gebäuden der Geisteswissenschaften, wird von einem Geist namens Hajo berichtet. Er wird als Person mit langen Haaren, ungepflegtem Äußeren, Nickelbrille und muffigem Geruch beschrieben. Hajo soll seit den 1960er Jahren an der Universität eingeschrieben sein und noch immer an seiner Doktorarbeit schreiben. Er ist so darauf fixiert, eine perfekte Dissertation zu schreiben, dass er sich ständig von neuen Publikationen ablenken lässt. Oft sieht man ihn in den frühen Morgenstunden, bevor der tägliche Trubel beginnt, durch die Gänge und Treppenhäuser der Gebäude GA, GB und GC streifen.
Der Geist in der Straßenlaterne
Eine neuere Sage erzählt von einer flackernden Straßenlaterne auf der Gahlenschen Straße in Bochum. Trotz mehrmaligem Auswechseln der Glühbirne flackerte die Laterne immer wieder, so dass sich die Menschen beim Vorbeigehen fürchteten. Man erzählte sich, dass bei der Herstellung ein Krupp-Arbeiter in den flüssigen Stahl gefallen und dann verarbeitet worden sei.
Raubritter Jost von Burg Blankenstein
Der Ritter Jost, der in früheren Jahrhunderten auf der Burg Blankenstein in Hattingen lebte, war bekannt für seine Grausamkeit gegenüber den Bauern, seine Übergriffe auf deren Frauen und seine Raubüberfälle auf Kaufleute. Nachdem er es zu weit getrieben hatte, belagerten die Bauern die Burg, um ihn durch Aushungern zur Kapitulation zu zwingen. In seiner Not bot er ihnen an, sich zu ergeben, wenn seine Frau und alles, was sie in drei Gängen aus der Burg tragen konnte, verschont blieben. Die Bauern willigten ein, doch zu ihrer Überraschung trug seine Frau den Ritter selbst aus der Burg, gefolgt von ihrem Sohn und dem Burgschatz. Obwohl die Bauern verärgert waren, hielten sie ihr Versprechen und griffen nicht ein. Beim Versuch, die Ruhr zu überqueren, brach jedoch die Brücke unter dem Gewicht der drei und des Goldschatzes zusammen und sie ertranken. Der versunkene Schatz soll bis heute bei Vollmond in der Ruhr leuchten.
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